Freitag, 7. September 2012

Eine Sache

fällt mir gerade ein, eine Geschichte, bei der ich, wie schon so oft, am Intellekt der Kunden zweifle:

" Und es begab sich zu der Zeit, daß eine Dame, die sich um den Titel "Lieblingskundin" bewirbt, mit ihrem überdurchschnittlich attraktiven und eloquenten Sohn sein neues Auto abholte.
Der Adonis erhielt einen Hyundai i10 mit Vollausstattung ( von innen verstellbare Vorderräder, manuell öffnendes Fahrer- und Beifahrerfenster, Zusatzsitze zum Fahrersitz, um noch bequem 1,3 Personen zu transportieren...); das ganze Geschäft war von einem Kollegen von mir betreut worden, der aus mir unerfindlichen Gründen die Auslieferung nicht selber durchführen konnte.

Okay, am Ende habe ich verstanden, warum er nicht da war...
Warum er geradezu fluchtartig das Gelände, die Stadt und das Land verließ und seinen Namen änderte, als Mutter nebst Sohn in Reichweite kamen...

Mama wurde von mir höflich ( jau, passiert manchmal ) begrüßt und auf einen Kaffee eingeladen; um Kaffee zu kriegen, muß man entweder 50 Cent einwerfen oder an der Info eine Münze erhalten, diese kriegen aber NUR Kunden.
Okay, für Adonis nebst Erzeugerin die Münze geholt und die beiden zum Kaffeeautomaten eskortiert.

Mutter Adonis wies mich ziemlich direkt darauf hin, daß sie ein paar der Kaffeemünzen mit nach Hause zu nehmen gedenke, ich möge doch ein bis zwei Handvoll "organisieren", während sie ein bis zwei Handvoll Milch und Zucker in ihre Handtasche organisierte.
Mein Hinweis, daß ihr die Münzen doch außerhalb unseres Hauses nicht viel brächten, konterte sie mit der Antwort, daß es ja bestimmt noch woanders ähnliche Maschinen gäbe, alternativ könne sie sie ja auch für Einkaufswagen verwenden, Fahrscheinautomaten, sich eine Halskette daraus machen, sie sich in die Haare flechten...

Naja, nach einer gefühlten halben Stunde Diskussion konnte ich sie davon abbringen und wir zogen an meinen Schreibtisch.

Wer denkt, das Dilemma sei jetzt vorbei, der irrt!!!

Ich erspare jetzt die Details des administrativen Teils, soviel sei gesagt: Mama Adonis wollte von mir ein "Echtheitszertifikat" für den Fahrzeugbrief...

Adonis ließ des öfteren seine Schlagfertigkeit aufblitzen mit äußerst qualifizierten Statements:" Wer garantiert mir, daß das Fahrzeug neu ist?"
"Wir garantieren Ihnen das..."
"und wenn mir das nicht reicht?"
"??"
"Naja, Sie können doch lügen..."
"Stimmt, machen wir aber nicht... Es existiert ja auch ein Vertrag, aus dem hervorgeht, daß das Fahrzeug neu ist."
"Kann mich da keiner von Hyundai mal anrufen und mir das bestätigen?"
"Natürlich! Wen hätten Sie gerne? Den CEO?"
"Ja, das wäre toll...!"
"Okay, kann ich weitergeben, ich hoffe nur, Ihr Koreanisch ist besser als meins...
Eine Frage: Woher wissen Sie denn, daß der nicht lügt?"
"Stimmt... Naja, dann soll mich die Polizei arufen und mir das bestätigen..."

Erferulicherweise war die Mutter genauso "kompetent" wie ihr Adonis, insofern war die ganze Geschichte recht "kurzweilig"...

Okay, jetzt der Gang zum Auto; wer erwartet, daß dieses hochtechnische Vehikel selbsterklärend ist, hat sich gehörig vertan.

"Junger Mann, zeigen Sie ihm doch mal, wie alles funktioniert..."
Darauf ich: " Gerne.
Was genau ist Ihnen denn unklar?"
Sie"Na ALLES!"
Ich versuchet es mit Humor:" Okay, dann fangen wir mal an: Hier haben wir das Lenkrad, welches zum Ändern der Fahrtrichtung treue Dienste erweist..."
Sie:" Hör dem Mann genau zu und probiere mal aus, ob Du das schon kannst..."

Als ich merkte, daß sie das ernst gemeint hat, fing ich an, mir Sorgen zu machen, ob Adonis überhaupt schon einmal in einem Auto gesessen hat, aber laut Mama Adonis hat er sogar einen Führerschein...

In diesem Tenor lief die ganze Auslieferung.
Sie dauerte knappe zwei (!!) Stunden und brachte mir, da ich das Auto nicht verkauft habe, keinen Cent Provision, aber man ist ja Dienstleister.

Mutter Adonis dachte wohl auch, daß ich das gerne mache und fing an, die Grenzen meiner Dienstleistungsbereitschaft auszuloten...
Den Höhepunkt erreichte es, als ihr auffiel, daß das Auto nicht vollgetankt war:" Wieso ist das Auto denn nicht vollgetankt???"
"leider liefern immer weniger Hersteller die Fahrzeuge vollgetankt an die Händler und bei dem respektablen Nachlass, den Sie erhalten haben ( 21%!!!) ist ein voller Tank für uns leider nicht mehr bezahlbar..."
"Naja, das kann ich verstehen...!"
Jetzt war ich verunsichert ob dieser Aussage.
Aber sie relativierte gleich:" Dann geben SIE dem Jungen doch mal hundert Euro..."
Watt???
"Ähm... Wieso soll ich Ihrem Sohn 100 € schenken?"
"naja, Sie haben doch so viel für das Auto bekommen, da haben Sie doch 100 € übrig..."
Ich wies Sie darauf hin, daß ich nur ausliefere und dafür nichts bekomme, aber sie verfolgte einen ganz anderen Ansatz:" Wir haben das Auto doch bezahlt; nehmen Sie doch einfach 100 € davon, das tut Ihnen doch nicht weh..."
Ich versuchte, ihr begreiflich zu machen, daß das Geld, was sie bezahlt hat, der Firma gehört und nicht mir ( schade eigentlich) und daß mein Arbeitgeber es mit Sicherheit bemerkt, wenn ich anfange, sein Geld zu verschenken, aber dann schaltete sich Adonis in das Lamento ein:"Mama, gibt er mir jetzt 100 € oder nicht? Du hast gesagt, die erste Tankfüllung zahlt der Verkäufer... Ich habe doch nicht soviel Taschengeld..."
Mama Adonis stiegen Tränen in die Augen.
Mit einem vorwurfsvollen Blick schaute sie mich an, eine Hand auf den Stolz ihres Lebens weisend ( Adonis, nicht das Auto...) und versuchte es erneut:" Sie haben doch so viel Geld, jetzt geben Sie meinem Jungen doch 100 €..."
Ich verneinte erneut und wurde mit einem rüden "Dann fahren wir jetzt halt, danke dafür, daß Sie den kleinen enttäuschen..." entlassen.

Nach ca. 12 Versuchen schaffte Junior es auch, das Fahrzeug springend und bockend Richtung Tankstelle in Bewegung zu setzen und verabschiedete sich mit einem zornigen Blick von mir; was bin ich auch so geizig!!

Vielleicht... Vielleicht sollte ich anfangen etwas kundenorientierter zu denken und zu handeln; wäre es nicht schön, wenn ICH den Kunden die Autos bezahle?
Ich wäre der beliebteste Autoverkäufer der Welt!
Zumindest kurz, bis ich wegen meiner Schulden in Beugehaft käme... Aber die Kunden, diese treuen Seelen, würden mich mit Sicherheit besuchen...!

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